Sonntag, 31. Oktober 2021

Glücksmomente 07-21: Granola-Schlemmerei und Altstadt-Bummelei

Frische Tulpen, ein Käsekuchen, der ausnahmsweise mal gelungen ist, ein selbst genähtes Kleid, das wie angegossen passt, und zwei Mäuse, die sich vor Lachen auf dem Wohnzimmerboden herumkugeln: Es gibt im Alltag so viele Momente des Glücks, in denen das Herz vor Freude schneller hüpft. Je mehr Raum wir den schönen Augenblicken in Herz und Kopf schenken, desto weniger Platz haben die unschönen. Daher achte ich inzwischen bewusst auf die kleinen Freuden des Alltags - von denen es mehr gibt, als man vielleicht glauben mag. Drei bis fünf meiner Glücksmomente, die ich im Laufe einer Woche gesammelt habe, findet Ihr regelmäßig in dieser Rubrik:

Granola-Glück

Geschafft! Wir haben die erste Woche nach den Herbstferien überstanden. Und deshalb ist es Zeit für eine kleine Lockerungsübung, die man regelmäßig ausführen sollte, wenn man eine Herausforderung erfolgreich gemeistert hat. Männer haben darin in der Regel Routine, wir Frauen sollten diese Übung häufiger praktizieren. Ihr müsst Euch dazu nicht extra in Euer Sportoutfit werfen und braucht dazu keine weiteren Hilfsmittel wie Hanteln oder Yogamatte. Sie dauert maximal 30 Sekunden, ist aber in der Wiederholung - am besten mehrmals pro Woche - sehr effektiv.


Mein Granola - Rezept folgt gleich


Seid Ihr bereit? Gut. Ihr nehmt Euren rechten Arm (bei Linkshändern bietet sich der linke Arm an), führt ihn in einem hohen Bogen an Eurem Kopf vorbei, als würdet Ihr nach den Spinnweben an der Decke greifen wollen, und legt ihn sanft auf Eurer linken (bei Linkshändern ist es die rechte) Schulter ab. Und jetzt kräftig in kurzen Abständen klopfen. 24-mal hoch und runter, gern auch häufiger. Genau, klopft Euch mal beherzt auf die Schulter. Vielleicht könnt Ihr Euch selbst dabei auch noch ein Lächeln schenken. Fortgeschrittene schieben dabei anerkennend die Unterlippe nach vorn, ziehen die Mundwinkel nach unten und murmeln ein leises "Gut gemacht". 


Und wenn Ihr einer anderen Frau begegnet, die für diese Übung keine Zeit, keinen Kopf, keinen Nerv hat, weil ihr grad alles viel zu viel ist - in einigen Fällen trifft das auch auf Männer zu -, klopft auch ihr/ihm mal freundlich, aber bestimmt auf die Schulter: "Klasse, wie du das alles geschafft hast." Funktioniert übrigens auch bei Kindern oder bei Fremden, nur sollten dann Eure Arme lang genug sein, um den geforderten 1,50-Meter-Abstand einzuhalten.





Das tut soo gut und bringt gerade bei Beschwerden sofortige Erleichterung, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Wenn wir diese Übung regelmäßig anwenden, trainieren wir unseren Selbstfürsorge-Muskel, der im Alltag häufig zu wenig beachtet wird und sich dadurch verkürzt. Also legt am besten sofort damit los: Bitte klopfen!



Alles muss man selber machen: DIY-Schulterklopfen



Ich habe heute Morgen bereits beide Schultern ordentlich durchgeklopft. Die erste Woche nach den Ferien war wieder mal eine Herausforderung für uns alle, obwohl wir im schulischen Re-Start bereits jahrelange Routine haben. Wer sich über die Zeitumstellung beklagt - die jetzt ja auch noch dazukommt - ‚ weil der Rhythmus kurzzeitig durcheinandergerät, hat noch nie den Wechsel von Ferien- zu Schulalltag erlebt. Er ist so ähnlich wie der erste Arbeitstag nach einem dreiwöchigen Urlaub für die meisten Berufstätigen - nur eben viel schlimmer. 


Es hat etwas von Jetlag, wenn aufgrund des Schulstarts sowohl die Abende um mindestens eine Stunde verkürzt werden, da der Morgen danach um mindestens zwei Stunden früher beginnt, weil wir alle pünktlich mit geputzten Zähnen das Haus verlassen müssen - und das auch noch komplett angezogen (Pyjama mit Mantel drüber gilt nicht). Bei mir hatte diese Alltagsumstellung die unerwünschte Nebenwirkung, dass ich die ersten drei Tage voll auf Koffein mit Hafermilch war. 





Weil ich unnötige Hektik hasse wie die Pest - heute: Corona -, befolgen wir im Schulalltag 

5 goldene Anti-Schulalltagsstress-Regeln
  • I. Schulsachen abends packen: Die Mäuse räumen ihre Schulsachen stets am Abend vor dem kommenden Unterrichtstag in ihre Ranzen. Ich habe ihnen dazu Ablagefächer besorgt, die wir mit Etiketten beklebt haben. Jedes Schulfach hat seine eigene Ablage, in der Mappen, Hefte und Bücher übersichtlich aufbewahrt werden. So fällt es den Mäusen leichter, Ordnung zu halten sowie ihre Ranzen schnell, eigenständig und korrekt nach Stundenplan zu packen. Auch die Sportbeutel, Kunsttaschen oder beispielsweise Badmintonschläger stellen wir abends bereits griffbereit neben die Haustür.




  • II. Kleidung abends raussuchen: Die Mäuse legen ihre Kleidung für den nächsten Tag stets am Abend zuvor selbst raus. Aus Gründen: Um Zeit und Diskussionen zu sparen, warum ihre Lieblingsjeans schon wieder in der Wäsche sind (weil halt schmutzig), ihre Lieblingsshirts nicht mehr auffindbar (weil halt schmutzig und schon wieder in der Wäsche), wird bei der Kleiderwahl nichts mehr dem morgendlichen Zufall überlassen. Die Mäuse brauchen inzwischen ein bisschen mehr Zeit für die Auswahl ihrer Garderobe (weil halt zu viel Shopping-Queen mit Mama geguckt) - und die haben wir ausschließlich abends.




  • III. Brotdosen abends füllen: Die Brotdosen der Mäuse befüllen wir ebenfalls am Vorabend des nächsten Schultags. Während wir das Abendessen zubereiten, belege ich gleichzeitig auch die Schulbrote der Mäuse. Auch Beeren, Trauben, Cracker, Gurken und weiteres Gemüse wandern dann in ihre Brotbüchsen, die ich über Nacht im Kühlschrank aufbewahre. Birnen, Bananen oder zum Beispiel Äpfel schneide ich jedoch morgens lieber frisch, weil sie sonst "bäääh-dunkel" werden. Und das nicht in filigran geschnitzte Sterne, wie so häufig bei Mama-Bloggern gesehen, sondern quadratisch, praktisch, gut-is. 




  • IV. Mittagessen vorkochen: Für die Tage, an denen ich bis mittags arbeite, koche ich abends meistens vor. Und zwar Gerichte, die sich leicht beziehungsweise schnell aufwärmen lassen: Suppen, Pasta und zum Beispiel Aufläufe. Unsere Kinder sterben fast vor Hunger - zumindest simulieren sie das laut und anschaulich -, wenn sie fast gleichzeitig mit mir nach Hause kommen. Und mir fehlen dann in der Mittagshektik zwischen Hausaufgaben und Vereinsprogramm die nötige Ruhe sowie Konzentration, um beim Kochen auf Mengenangaben oder Bräunungsgrad zu achten - womit ich ja sogar am Wochenende Schwierigkeiten habe.  
  • V. Wichtigste Regel: Vor den Kindern aufstehen: Vor den Kindern, nicht mit und besser nicht nach den Kindern aufstehen. Ich brauche täglich einen Vorsprung von mindestens 15 Minuten, in denen ich bereits wach bin, bevor die Mäuse ihre Augen aufschlagen. Deshalb stelle ich mir meinen Wecker etwas vor auf "Me-Time", für die es übrigens genau wie für "Snooze" ab Werk eine eigene Taste geben sollte. In dieser Zeit für mich atme ich kurz ein und aus, überfliege online die Zeitung und lese meine Mails. Dann bin ich gewappnet für das erste "Mamaaaaaaaaa".

Und weil das mit den fünf goldenen Regeln meist nur in der ersten Woche vorbildlich klappt, haben die Mäuse bereits ab Woche 2 hin und wieder kein gesundes Pausenbrot dabei, schmeiße ich manchmal mittags schnell Dosen-Ravioli in den Topf und fahre gelegentlich im Pyjama mit Mantel drüber meine Kinder zur Schule.    





Mein tägliches Frühstücksmüsli stelle ich mir übrigens auch abends zusammen - wenn ich es nicht vergesse. Mein Granola, also Knuspermüsli, mache ich seit Langem selbst, weil wir fast immer alles selbst machen (müssen) und ich zudem beim Einkaufen noch keine Hafer-Honig-Nuss-Mischung gefunden habe, die soo lecker ist. Hier habe ich endlich mal wieder ein Rezept für Euch:

Goldenes Granola




Zutaten:

(für mehrere Frühstücksmahlzeiten)

  • 200 Gramm gemischte Nüsse
  • 500 Gramm Haferflocken (zart oder grob, Dinkel - je nach Geschmack)
  • 100 Gramm Sonnenblumenkerne
  • 100 Gramm Kürbiskerne
  • 100 Gramm Kokosraspeln
  • 50 Gramm Mandeln
  • 200 Gramm Honig (flüssig)
  • 100 Milliliter Olivenöl
  • 1 Prise Salz
  • 1 Esslöffel Zimt 




Zubereitung: 


Ihr vermengt alle Zutaten in einer Schüssel mit einem Löffel oder den Händen. Dann verteilt Ihr die Masse  auf einem Backblech, das Ihr zuvor mit Backpapier ausgelegt habt. Nun röstet Ihr die Mischung bei 170 Grad (Ober-/ Unterhitze) auf mittlerer Schiene im vorgeheizten Backofen und wendet sie zwischendurch immer wieder. Und zwar so lange, bis Euer Granola goldbraun ist (das dauert etwa 15 Minuten). Anschließend lasst Ihr das Knuspermüsli auf dem Backblech abkühlen und füllt es in Gläser oder andere Aufbewahrungsbehälter. 




Bei der Auswahl der Nüsse, Samen beziehungsweise Kerne sind Eurem Geschmack keine Grenzen gesetzt. Trockenfrüchte sollten jedoch erst nach dem Rösten hinzugefügt werden. Ich esse mein Granola am liebsten mit Obst und Skyr, Quark oder Joghurt. Ihr könnt es aber zum Beispiel auch einfach mal zwischendurch naschen.




Göttingen-Glück


Mein Mann war die ganze Zeit über, als sich hierzulande Lockdown an Lockdown reihte, nicht im Home Office. Wir waren auch zum Glück noch nicht in Quarantäne. Ich glaube, das sollte ich an dieser Stelle erklären, bevor ich die nächsten Zeilen schreibe. Denn wäre mein Mann monatelang im Home Office oder tagelang in Quarantäne gewesen und ich mit ihm, würde ich folgende Zeilen eventuell nicht unbedingt schreiben: Ich freue mich, dass ich am Freitag mit meinem Mann von morgens bis nachmittags satte sieben Stunden lang zusammen war. Und zugleich allein, denn die Mäuse waren in der Schule beziehungsweise nach dem Unterricht bei Freunden. Beide gleichzeitig, was bei uns in etwa den Seltenheitswert einer 0:5-Niederlage der Bayern gegen Gladbach besitzt. 





Händchen haltend spazierten wir in seltener Zweisamkeit zunächst durch einen Baumarkt. Das hatte mein Mann als Alternative vorgeschlagen, nachdem ich mich vehement geweigert hatte, mit ihm an unserem  Date-Day zur Abfallentsorgungsanlage zu fahren. Zum Zahnarzt wollte er nicht mit mir und auf Kellerentrümpelung hatte ich wiederum keine Lust. Romantik können wir.





Anschließend machten wir uns auf den Weg nach Göttingen. Das war schließlich meine Idee: Ich hatte mir einen Ausflug gewünscht. Unseren ersten Ausflug ohne Kinder seit elf Jahren. Ohne Rucksäcke voll Proviant und Wechselkleidung, ohne Pipi-Pause in Minute 8 auf der Autobahn, ohne "Mama, wann sind wir endlich da?" in Minute 14 und  ohne "Papa, mir ist schlecht, fahr mal rechts ran" in Minute 23. 







Nonstop fuhren wir beide zu unserem Ziel, das wir in Minute 45 ausnahmsweise mal pünktlich erreichten, und schlenderten durch die kleinen Gassen der Göttinger Altstadt. In dem sehr hübsch zurechtgemachten Café Onkel Gino am Kornmarkt bestellte ich eine Frühstücksbowl mit Früchten, bevor wir zwei ganz in Ruhe durch die Geschäfte bummelten. Ohne ein "Papa, kann ich das, das oder das haben?" und "Mama, ich muss schon wieder auf Toilette."



Hübsch und lecker ist es hier: im Café Onkel Gino am Kornmarkt in Göttingen



Richtig schön war das. Ob zwischen Farbenregalen im Baumarkt oder Fachwerkhäusern in historischen Städten, ob mit Kindern oder ohne: Romantik können wir immer noch. Schließlich erreichen wir bald  die zehnmillionste Minute unserer Beziehung (ich habe jede einzelne gezählt). Und das ohne einzigen Zwischenstopp - denn zum Glück musste keiner von uns beiden bisher mal eben austreten.                



Romantische Grüße,

Sarah



*Dieser Beitrag enthält unbeauftragte und unbezahlte Werbung für eine Stadt, ein Café sowie unter anderem Ranzen. Sämtliche Orte haben wir frei ausgesucht und freiwillig besucht, sämtliche Speisen sowie Produkte haben wir selbst ausgewählt und wie immer selbst bezahlt.






Samstag, 23. Oktober 2021

Glücksmomente 06-2021: Hamburg mit Hugo, Halloween mit Harry Potter

Frische Tulpen, ein Käsekuchen, der ausnahmsweise mal gelungen ist, ein selbst genähtes Kleid, das wie angegossen passt, und zwei Mäuse, die sich vor Lachen auf dem Wohnzimmerboden herumkugeln: Es gibt im Alltag so viele Momente des Glücks, in denen das Herz vor Freude schneller hüpft. Je mehr Raum wir den schönen Augenblicken in Herz und Kopf schenken, desto weniger Platz haben die unschönen. Daher achte ich inzwischen bewusst auf die kleinen Freuden des Alltags - von denen es mehr gibt, als man vielleicht glauben mag. Drei bis fünf meiner Glücksmomente, die ich im Laufe einer Woche gesammelt habe, findet Ihr regelmäßig in dieser Rubrik:


Halloween-Glück

Ich mag ja den Herbst so ein klitzekleines bisschen. Mehr aber auch nicht. Und immer erst dann, wenn ich draußen den Garten, die Terrasse und den Balkon winterfest und drinnen alles gemütlich habe. Dann finde ich Herrn Herbst ganz nett, vor allem wenn er so mild und golden daherkommt, wie in diesen Tagen. 

  • Wenn unsere Holzlieferung eingetroffen und verräumt ist, 
  • die Oleander und Olivenbäume vor Frost geschützt sind, 
  • wenn meine Sonnenliege samt Polster wieder auf dem Dachboden steht 
  • und mein Balkonsessel im Wohnzimmer, 
  • wenn die Mäuse mit Mützen, Schals sowie Handschuhen eingedeckt 
  • und unter anderem unsere Büsche eingekürzt sind, 
  • wenn mein Mann im Oktober unsere Autoreifen gewechselt hat,
  • dann kann es herbstlich stürmen, regnen und so richtig ungemütlich kalt werden, während ich vor dem Ofen sitze, lese, schreibe, mit den Mäusen bastele und neuerdings Hafermilch-Kaffee trinke.




Die Mäuse mögen den Herbst seeeehr - vor allem die Zaubermaus. Denn sie liebt es, neben unserem Hund Oscar vor dem Ofen zu sitzen und stundenlang zu lesen - derzeit vor allem meine sieben Harry-Potter-Bände, die ich bereits als Studentin eigens für meine späteren Kinder aufbewahrt habe. Auch der Mäuserich hat nun mit Harry Potter begonnen. Weil beide gleichzeitig noch im Halloween-Fieber sind, haben wir unsere alljährliche Kürbisschnitzaktion dem kleinen Zauberlehrling gewidmet. 

Für die Maus war das jedoch nur der Auftakt ihres großen DIY-Halloween-Marathons in mehreren Etappen: 





  • Unsere Treppe dekorierten sie gemeinsam mit bunten Ratten aus Karton, deren Vorlage  die Mäuse eigenhändig im Internet fanden und ausdruckten. 
  • Beim Einkaufen suchte die Zaubermaus Mandarinen aus, die sie mithilfe eines Filzstiftes in kleine Kürbisse verwandelte.    



  • Aus Kaffeefiltern und Wäscheklammern bastelte meine Große bunte Fledermäuse, indem sie die Kaffeefilter mit der Schere halbierte, die Hälften erst mit Filzstift bemalte, bevor sie auf diesen mit einem Pinsel so lange Wasser verteilte, bis sich die Farben vermischten. Die Kaffeefilter steckte die Maus schließlich an die Wäscheklammern, auf die sie kleine Fledermäuse aus einer Bastelvorlage geklebt hatte.



  • Und aus Holzperlen, über die die Maus quadratische Stoffreste und Servietten legte, welche sie mit einem Faden umwickelte sowie mit zwei Augen beklebte, wurden kleine Gespenster. 






Und ich durfte ihr nicht ein einziges Mal dabei helfen. Nicht mal einen Knoten durfte ich binden, auch nicht ein Schnipselchen ausschneiden oder den Kleber suchen, geschweige denn halten. Nun gut, sie ist ja auch schon elf und geht in die fünfte Klasse. Freundlich, aber bestimmt hat mich die Tochter MEINES Basteltisches verwiesen. Das übrigens nicht zum ersten Mal. Heul. Freu. 

Mir blieb also wieder einmal nichts anderes übrig, als in Ruhe diesen Beitrag hier zu schreiben. Schließlich wurde ich dann aber doch noch gebraucht: Als sich die minikleinen Papier- und Stoffreste über den ganzen Tisch verteilt hatten, Filzstiftdeckel und ganze Scheren nicht mehr auffindbar waren, als der Kleber dicke Tropfen auf dem Teppich hinterlassen hatte und der Permanent-Marker dicke Streifen auf ihrem Pullover, da war ich wieder gefragt. Das Aufräumen, Putzen und Waschen klappt mit Mamas Hilfe nämlich immer noch am besten. Freu. Heul. 


Hamburg-Glück

Vier Paar Socken, zwei Hosen, zwei Pullis, zwei T-Shirts, Unterwäsche, eine Fleecejacke, maximal zwei Paar Schuhe, ein Regenmantel, eine Mütze und höchstens noch ein Pyjama: So lautete die Packliste meines Mannes für unseren Städtetrip nach Hamburg in den Herbstferien. Für jeden von uns. Sogar für mich. Für vier Tage. Mehr durften wir laut seiner Anweisung dieses Mal nicht mitnehmen, obwohl sich mein Mann nie in die Auswahl meiner Klamotten einmischt(en darf). 



Hugo


Kein Vorzelt, kein Dekokram, kein Waffeleisen, nicht mal unser Milchaufschäumer, keine 38 Schleichpferde samt Reitstall und auch nicht die 64 Hot-Wheels-Auto inklusive Waschanlage und Garage - dafür verzichtete auch er schließlich auf seinen Grill. Seine Begründung für diese extrem strenge Vorgabe: 18 Jahre Beziehung, davon zwölf Jahre Ehe und somit zahlreiche Reisen mit mir. Ob bei einwöchigen Flugreisen ohne Kinder, aber mit vier Koffern und zwei Reisetaschen (das Gepäck meines Mannes nicht mitgezählt) - oder unseren Campingurlauben mit einer Wohnwagen-Achse, die sich bedenklich in Richtung Fahrbahn bog: Immer zahlten wir für Übergepäck drauf oder waren in Panik, wegen Überladung aus dem Verkehr gezogen zu werden. 





Das sollte bei unserem Kurztrip in meine absolute Lieblingsstadt anders werden. Zwar hatten wir uns zunächst offengehalten, im Anschluss an unsere Tour durch Hamburg noch mal für drei Tage spontan weiter ans Meer zu fahren, weshalb ich ein paar Wäschestücke und Gummistiefel zusätzlich einpackte - doch an der Anzahl seiner Pullover und unter anderem Unterhosen wollte mein Mann trotzdem nichts ändern. Da blieb er so stur, dass ich mich doch tatsächlich gezwungen sah, ein paar frische Buxen an ihm vorbei in die Kabelbox zu schmuggeln. 




Zunächst sah es noch gut aus für meinen Mann und seine Überladungsphobie. Bei unserem Spaziergang durch das malerische Treppenviertel in Blankenese fand ich tatsächlich ausnahmsweise mal nichts, weil ich viel zu sehr mit der Suche nach Stars und Sternchen beschäftigt war, die in diesem Stadtteil wohnen. 



Blankenese


Bei unserem Bummel durch die Innenstadt am nächsten Tag gestaltete sich das dann schon anders - obwohl wir zeitlich begrenzt waren, weil wir mittags einen Tisch im Ahoi von Steffen Henssler reserviert hatten (geschickt von meinem Mann eingefädelt). 



Ahoi



Lachs-Bowl


Bei Ankerkraut deckte ich mich mit kleinen Gewürz- und Teegläsern ein, die ich seit Jahren für all unsere Gerichte benutze. Bei Maisons Du Monde erstand ich für die Mäuse zwei Kakaotassen, die sie bereits am Abend im Wohni einweihten. 



Hamburg City


Als Andenken an die spannende, köstliche, absolut empfehlenswerte 90-minütige Führung, die wir nachmittags durch das Schokoladenmuseum Chocoversum by Hachez machten, nahmen wir unsere selbst gemachte Schokolade sowie zwei Kakaowürfel mit, die die Kinder so gern in heiße Milch tauchen. 



Schokoladenmuseum





Selbst gemachte Schoki





Nach unserem traditionellen Besuch des Miniatur Wunderlandes in der Speicherstadt kaufte sich der Mäuserich am nächsten Vormittag ein kleines Auto mit seinem Namen als Erinnerung.



Miniatur Wunderland

Elbphilharmonie


Skandinavien



Frankreich


In der verführerisch duftenden Speicherstadt Kaffeerösterei direkt nebenan tranken wir anschließend  Kaffee beziehungsweise Kakao, während wir  den Röstmeistern bei der Arbeit zusahen. Hier deckten wir uns mit unseren Lieblingskaffeesorten und einem echten Kaffeesack ein, den ich hier zu Hause nun als Einlage für unseren Kaminholzkorb verwende.







Speicherstadt Kaffeerösterei


Danach ging’s zu den St.-Pauli-Landungsbrücken. In dem schnuckeligen Restaurant Brücke 10 aßen wir wie jedes Mal mit Blick auf die riesigen Schiffe frische Fischbrötchen. Die Maus suchte sich noch einen Turnbeutel mit Anker aus, bevor es  zurück zum Stellplatz ging. 



Schellfischposten ohne Ina


Wir kamen noch für ein Erinnerungsfoto vorbei an Hamburgs ältester Seemannskneipe Schellfischposten, wo Ina Müller regelmäßig ihre Gäste empfängt - ich liebe ja „Inas Nacht“ - und fuhren zu unserem kleinen, aber feinen Campingplatz direkt an der Elbe. 



Unser Campingplatz an der Elbe




Voller Freude über die Kapazitäten unseres Wohnis und erstaunt über die Möglichkeiten, die sich bieten, wenn man nicht mehr Kleidung als wirklich nötig mitnimmt, verstaute ich am vierten Tag all unsere Mitbringsel für die Rückfahrt, weil wir uns aufgrund der Wetterlage gegen die Weiterfahrt entschieden hatten.





Unsere allererste Städtetour mit Wohnwagen war ein voller Erfolg: Mit leerem Wohnwagen waren wir angereist, mit gut gefüllten Fächern kamen wir zurück. Mein Mann wird sich in Zukunft sicherlich überlegen, ob das so herum wirklich besser ist oder er nicht doch vielleicht mehr Wechselwäsche einpackt. 





Das Wichtigste jedoch ist, dass unsere Köpfe voller Inspirationen und Erinnerungen sind, die wir auch auf dieser Tour wieder gesammelt haben. Und die haben wir jedes Mal ganz deutlich vor Augen, in der Nase beziehungsweise im Mund, wenn die Mäuse ihre heiße Schokolade aus ihren neuen Lieblingstassen trinken und wir unsere duftende Kaffeemischung Hamburger Hafen genießen. 





Schokoladige Grüße,
Sarah

*Dieser Beitrag enthält unbeauftragte und unbezahlte Werbung für Restaurants, Museen, diverse Shops, Bücher, Cafés samt Kaffee, eine Fernsehsendung und unter anderem Spielzeugmarken. Sämtliche Orte haben wir frei ausgesucht und freiwillig besucht, sämtliche Produkte selbst ausgewählt und wieder einmal auch selbst bezahlt.

Mittwoch, 20. Oktober 2021

Bye bye, Emma! Hallo Hugo! Vom alten DIY-Wohnwagen zum neuen Hobby

Verrostete Beulen-Front außen, vergilbte Scheibengardinen und rustikal furnierte Gelsenkirchener-Barock-Schränke innen: Es gibt da dieses angestaubte Bild, das viele Nichtcamper vor Augen haben, wenn sie an Camping im Caravan auf verwahrlosten Stellplätzen am Allerwertesten der Welt denken. Unsere Emma war so viel mehr als nur ein oller Wohnwagen. Das schmuddelige Image ihrer Artgenossen wischte sie - "boomshackalacka" - mit einem Schlag ihrer Stauklappe beherzt beiseite.




Die kleine Emma war ein rollender Star, ein W-wie-Wohnwagen-Promi, über den der Spiegel und der Stern in ihren Magazinen berichteten. Nur die lokale Presse nicht - vermutlich aus persönlichen Gründen.  ;-) Mit zahlreichen Likes, Followern im Internet, Interview- sowie Kooperationsanfragen und immer wieder Fragen nach den Produkten, die wir bei ihrer Renovierung benutzt haben, gehörte sie bereits vor Jahren zu den ersten Influencerinnen unter den DIY-Pimp-My-Caravan-Wohnwagen. Unser 30 Jahre alter Wohni inspirierte mit seinem  Innenleben im skandinavischen Stil, den aufwendig-eigenhändig komplett geweißten Schränken, dem stylischen Bad und seiner bunten Wimpelkette im Heck viele  Vertreter:innen des sogenannten Glampings: also Camping mit Schnickschnack und Gedöns auf 5-Sterne-Plätzen unter Palmen inklusive Wasserpark, Brötchenservice und Kinderanimation. 






Als ich zum ersten Mal auf diesem Blog von ihrem umfangreichen Makeover berichtete, wollten plötzlich viele so sein wie unsere Emma: Alte Knaus', Dethleffs  und Hobbys aus den 70er- und 80er-Jahren erfreuen sich in Gebraucht-Portalen noch immer einer bemerkenswerten Nachfrage. 





Interessentinnen spannten ihre Ehemänner und unter anderem Schwiegerväter (hier gendere ich bewusst nicht, weil isso) ein, um nach umfänglichen Renovierungsmaßnahmen in einer Nachfahrin/einem Nachfahren unserer Emma die Liebe zum Camping zu entdecken. Oder eben  nicht: Dass diese Leidenschaft für Helga, Heidi, Hans - oder wie die Wohnis halt pittoresk getauft werden -  in manchen Fällen offensichtlich bereits vor dem ersten Urlaub im "1000-Sterne-Hotel-auf-Rädern" wieder erlosch, belegt eine Vielzahl von angefangenen Wowa-Renovierungsprojekten. Auch sie sind unter den Kleinanzeigen zu finden: dieses Mal jedoch in der Kategorie „für Bastler“.





Für uns persönlich bedeutete Emma viel mehr als der Medienhype, den sie erzeugte. Für uns war unsere herzallerliebste Emma unsere Rückzugsmöglichkeit, unser Sehnsuchtsort, unser Happy Place. Wenn ich hin und wieder nachts mit den Mäusen und ihren flummigroßen Beulen, blau-blinkend-gequetschten Fingern oder 120 Dezibel starken Hustenanfällen kraft- und schlaflos in der Notaufnahme unseres Krankenhauses wartete, dachte ich an die guten Zeiten in unserer Emma. Wenn ich stundenlang über unserer Steuererklärung brütete, beim Elternabend saß oder mir Kolleg:innen, Vorgesetzte, etc. meinen Arbeitstag erschwerten, lag ich gedanklich lang ausgestreckt auf den selbst genähten Polstern in unserem Wohnwagen. 





Ich konnte mir meinen Wohlfühlort jederzeit wie an einem Schnürchen aus dem Gedächtnis ziehen und (virtuell) jede Schrankklappe öffnen - sogar ihr Klacken hatte ich dann in den Ohren. Schließlich hatten wir sie eigenhändig in ihre mehr als 600 Einzelteile zerlegt, um diese in 200? 300? 400? Arbeitsstunden weiß beziehungsweise schwarz zu streichen. Anders als bei Hotelzimmern, die man in der Regel Urlaub für Urlaub wechselt, konnte ich mir jedes Detail unserer Emma vor Augen holen und dem Alltag entfliehen, ich musste sie nur kurz schließen. 





Ist es Euch aufgefallen? Ich meine das Präteritum in den vorigen Sätzen, also die Vergangenheitsform der Verben: war, inspirierte, hatte, bedeutete... Wir haben unsere Emma verkauft. Und das bereits vor einigen Monaten. Mit schwerem Herzen und mehreren Kullertränchen auf den Wangen, weil wir so viele unvergessliche Augenblicke mit ihr verbinden. Aber auch mit einem sehr guten Gefühl im Bauch: Unsere Emma soll für ein soziales Projekt für Kinder und Jugendliche in unserer benachbarten Großstadt genutzt werden. 





Zuvor hatten wir sie in einem Gebrauchtwohnwagenportal angeboten. Mit dem Wunsch nach Veränderung sowie einem autarken Wohnwagen auf der einen Seite. Und mit der still gehegten Hoffnung auf der anderen Seite, dass sich vielleicht niemand für unsere alte Dame interessierte, die zwar über bemerkenswerte innerliche Werte verfügte, äußerlich jedoch nicht sooo viel hermachte. Unsere sentimental geprägte Preisvorstellung war noch dazu so unverschämt hoch - das kann ja gar nicht klappen, dachten wir. Falsch. 





Innerhalb weniger Stunden gehörte unser Wohnwagen zu den meist angesehenen Objekten des Tages und wir bekamen zahlreiche Anfragen: nach der Farbe, dem Bodenbelag und wie wir denn die Polsterbezüge genäht hätten mit der Bitte um genaue Anleitung. Ernsthaftes Kaufinteresse bekundete jedoch zunächst niemand. Einige "potentielle Käufer" reisten in den kommenden Wochen schließlich an, um sich mal in Ruhe in unserer Emma umzuschauen, sich Notizen und sogar heimlich Fotos zu machen. Tststs, die Kopiervorlage für andere Wohnwagen hätten sie einfacher haben können: ein Blick auf meinen Glücksfeder-Blog hätte gereicht. 





Schließlich, als wir es schon fast aufgegeben und bereits einen weiteren Urlaub mit unserer Emma geplant hatten, nahm ein seriöser Käufer mit uns Kontakt auf, der unseren Wohnwagen prompt für seinen guten Zweck mitnahm. Den Erlös haben wir in unseren neuen, gebrauchten Wohnwagen investiert: Er heißt Hugo, ist ein Hobby De Luxe 545 Kmf, drei Jahre jung und somit das komplette Gegenteil unserer Emma. Lang, breit, komfortabel, dunkel, modern - und in diesen Zeiten besonders wichtig: mit seiner eigenen Duschkabine auch autark.




 

Mit unserem hübschen Hugo waren wir inzwischen schon dreimal unterwegs: In Sankt Peter-Ording, auf Fehmarn und in Hamburg lernten wir uns näher kennen und lieben. Ich stelle Euch unseren neuen Reisegefährten bald mal vor. Hugo ist cool, lässig und elegant zugleich - aber eben nicht unser erster und vermutlich auch nicht unser letzter Wohnwagen. 





Unsere Emma hingegen wird für immer in unseren Herzen bleiben, denn mit ihrer offenen, einfachen, charmanten Art hat sie uns zu Campern gemacht. 


Danke, meine Liebe. Lebe wohl!





 Leben ist Veränderung!


Hugoliche Grüße,

Sarah